Auslands-aufenthalte in der Chemie
Sie interessieren sich für einen Auslandsaufenthalt im Rahmen Ihres Bachelor- oder Master-Studiums? Auf dieser Seite finden Sie allgemeine Informationen zum Ablauf, den Voraussetzungen, dem Zeitplan sowie Erfahrungsberichte von ehemaligen Studierenden.
Erfahrungsberichte
Ein Auslandsaufenthalt ist mit sehr viel Planung und Aufwand verbunden. Aber bevor ich davon berichte, möchte ich mich kurz vorstellen. Mein Name ist Kevin A. Kunz. Ich habe im Januar 2024 meine Promotion erfolgreich an der Bergischen Universität Wuppertal in der Arbeitsgruppe von Prof. Dr. Stefan F. Kirsch beendet und habe kurz darauf meinen Postdoc an der University of Illinoy Chicago in der Arbeitsgruppe von Prof. Dr. Paul. R. Carlier begonnen. Ich möchte hier ein wenig meine Erfahrungen mit meinem Auslandsaufenthalt teilen und welche Möglichkeiten sich dadurch für mich ergeben haben.
Meinen Erfahrungen nach durchläuft man in der Planung und dem Durchführen des Auslandsaufenthalts mehrere Stufen. Zunächst muss man sich sicher sein, dass man wirklich ins Ausland möchte und das auch von Anfang bis Ende durchziehen wird. Ich spreche das hier klar an, da es natürlich auch mit vielen Kosten verbunden ist. Wenn ihr euch sicher seid, dass ihr das wirklich machen wollt und könnt, habt ihr bereits einen guten Schritt gemacht. Manch einer wird dafür länger brauchen, manch einer kürzer, aber bei mir war es tatsächlich eine Bauchentscheidung und ich musste nur noch meinen Kommilitonen davon überzeugen mitzumachen.
Nachdem ihr so weit seid, ist die Frage, wo es hingehen soll. Ich bin ehrlich, am Anfang wusste ich nicht, wohin ich sollte, oder wie ich das vorbereiten sollte. Vor allem, da ich auch nicht in ein Land wollte, welches im Erasmus-Programm der Universität ist. Glücklicherweise hat Herr Prof. Dr. Jürgen Scherkenbeck in seiner Vorlesung davon erzählt, dass er Kontakt zu einem Professor in den USA hat, zu dem er schon mehrere Studierende vermittelt hat. Nachdem ich mich mit meinem Kommilitonen bei Herrn Scherkenbeck informiert hatte, hat er uns empfohlen mit den anderen Studierenden zu sprechen, die das gemacht haben, um zu erfahren, was alles vorbereitet werden muss. Damit komme ich auch schon zu einem wichtigen Rat. Grundsätzlich haben alle Professoren Kontakte zu Professoren auf der ganzen Welt. Das liegt an der Tatsache, dass die Welt der Wissenschaft eine kleine Welt ist und man schnell Kontakte knüpft.
Damit stand fest, dass ich das gerne machen möchte, woraufhin Herr Scherkenbeck den Kontakt hergestellt hat. Nachdem ich dann die ersten Emails mit dem Professor aus den USA ausgetauscht hatte und feststand, dass ich wirklich gehe, kam ein ganzes Jahr an Planung auf mich vor. Das liegt vor allem daran, dass Universitäten in den USA sicherstellen wollen und müssen, dass ihr euch das leisten könnt. Dafür legt jede Universität einen eigenen betrag fest, den ihr pro Monat, den ihr als Praktikant verbringen wollt, haben müsst. In meinem Fall ging es zur Virginia Polytechnic Institute and State University (Virginia Tech) in Blacksburg, Virginia. Diese Universität hatte für 2018, als ich mein Auslandsaufenthalt gemacht habe, festgelegt, dass Studierende aus dem Ausland pro Monat 1,600.00 USD haben müssen, was für die 3 Monate, die ich geplant habe, eine stolze Summe von 5.800,00 USD waren. Für diese Summe muss ein Nachweis erbracht werden, weshalb ich auch verschiedene Nebentätigkeiten wären des Jahres nachgegangen bin. Darunter unter anderem einen Minijob an der Universität und einem Betriebspraktikum im Forschungszentrum Aprath bei Bayer. Ich war mir sicher, dass ich das Geld ohne große Probleme durch meine Tätigkeiten zusammen bekomme, allerdings war das große Problem, dass der Nachweis, dass ich das benötigte Geld habe, ziemlich früh in dem Prozess haben musste.
Um genauer zu sein war es das Erste, was ich haben musste, um das Schreiben, welches für das Visum benötigt wird, von der Universität zugeschickt zu bekomme. Das stellte mich und wahrscheinlich auch viele andere vor ein großes Problem, da Studierende im Normalfall nicht in der Lage sind, eine solche Summe als Ersparnis aufzubauen. Mein Glück war, dass ich durch Hilfe meiner Familie diesen Nachweis erbringen konnte, indem die Summe auf mein Konto eingezahlt war und meine Bank mir ein schreiben auf Englisch, was bedauerlicherweise auch ein Problem für die Bank war, geben konnte, auf der die benötigte Summe bestätigt wurde. Damit hatte ich aber die erste große Hürde überwunden und das Schreiben konnte mir zugesendet werden. Ich war sehr überrascht, als mir ein Brief persönlich gegen eine Unterschrift überreicht wurde und der Zusteller mir mitgeteilt hat, dass der Brief damit zugestellt wurde. Es fühlte sich sehr wie eine amerikanische Serie an, in der eine Vorladung zum Gericht zugestellt wurde. Der nächste große Schritt war, das Visum zu beantragen. Dafür muss man auf die Seite des amerikanischen Konsulats und einen Termin beantragen. Ich rate euch hier dies so früh wie möglich zu tun, nachdem ihr die Unterlagen aus den USA erhalten habt. Der Grund dafür ist, dass ihr persönlich vorstellig werden müsst und die möglichen Termine sehr überschaubar sind und, in meinem Fall, für die nächsten zwei Monate ausgebucht waren. Für den eigentlichen Termin solltet ihr euch den ganzen Tag freihalten, da ihr nach Frankfurt müsst (die Alternative wäre Berlin). Zu dem Termin müsst ihr verschiedene, vorher ausgefüllte Unterlagen mitbringen, sowie andere Unterlagen als Nachweis. Ein kurzer Tipp für den Besuch in der Botschaft, es ist nicht gestattet ein elektronisches Gerät mit in die Botschaft zu nehmen, dazu zählt auch ein Autoschlüssel, mit dem ihr durch Funk die Entriegelung entriegeln könnt. Aus diesem Grund kann man an jedem Kiosk an der Botschaft Gegenstände gegen eine Gebühr einlagern. Der Besuch selbst ist dann unkompliziert, sofern ihr alle Unterlagen habt. Ihr werdet aufgerufen, reicht alles ein und werdet dann in einen separaten Raum gebracht, damit man mit euch ein Gespräch führen kann, um den Grund eures Aufenthalts nochmal zu bestätigen. Dieses Gespräch dauert etwa eine Stunde und ihr werdet eine Menge seltsamer Dinge gefragt. Danach dauert es etwa ein bis zwei Wochen, bis euch euer Reisepass, den ihr dort abgegeben habt, per Post mit eurem eingetragenen Visum zugeschickt wird.
Während das Visum im Hintergrund bearbeitet wird, müsst ihr euch noch um andere Dinge kümmern. Zum Beispiel ist es sehr ratsam sich für ein Stipendium zu bewerben. Ich habe mich damals für das PROMOS-Stipendium beworben. Dies konnte ich an der Bergischen Universität tun. Allerdings solltet ihr euch auf keinen Fall darauf allein verlassen, da es lange dauern kann, bis dort Entscheidungen getroffen werden. In meinem Fall habe ich die Bestätigung, dass ich dieses Stipendium bekomme, erhalten, als ich bereits zwei Monate in den USA war. Neben dem Stipendium kann es gut sein, dass ihr einen Nachweis eurer Sprachkenntnisse erbringen müsst. Dies wurde für mich von der Virginia Tech organisiert und war ein Zoom-meeting mit einem Sprachwissenschaftler, mit dem ich mich eine Stunde auf Englisch unterhalten durfte und meine Englischkenntnisse beweisen durfte. Dabei sind es Alltägliche Themen, über die ihr euch unterhalten, wie zum Beispiel der letzte Film, den ihr gesehen habt und dessen Handlung, oder das letzte Buch, dass ihr gelesen habt. Tatsächlich hat mich dieses Gespräch sehr an meinen Englischunterricht in der Schule erinnert.
Nachdem ihr nun einen Platz gefunden habt, euren Finanzstatus bewiesen habt, euer Visum in der Hand habt und der Sprache des Landes, in das ihr gehen wollt, mächtig seid, fehlt euch nicht mehr viel. Zum einen benötigt ihr eine Unterkunft in meinem Fall hat der Professor mich an bekannte weitergeleitet, die schon zuvor Studierende aus Deutschland aufgenommen haben. Deshalb war es in diesem Fall sehr einfach für mich. Für meine Postdoc jetzt sah es etwas anders aus. Da habe ich versuchen auf Craigslist oder anderen Webseiten etwas zu finden. Außerdem könnt ihr den Professor dort fragen, ob dieser eine Idee hat. Meistens können die euch auch weiterhelfen. Damit habt ihr es fast geschafft. Die letzten Schritte sind nun nur noch eine Krankenversicherung fürs Ausland abzuschließen. Dabei ist es wichtig, dass ihr ein Schreiben auf Englisch habt, indem alle Kosten genau aufgeschlüsselt sind. In der Regel ist es in Deutschland so, dass alles Kosten, egal wie hoch, übernommen werden. Allerdings muss, zumindest in den USA, alles genau aufgeschlüsselt sein. Damit könnt ihr nun euren Flug buchen und euren Aufenthalt im Ausland genießen.
Jetzt stellt ihr euch wahrscheinlich die Frage, was ihr davon habt ins Ausland zu gehen, außer einen Haufen an Kosten und Organisation. Ich kann euch da nur sagen, dass ich mir zum einen das Praktikum als vier Wochen Praktikum im Master habe anrechnen lassen. Außerdem erlangt ihr neue Erfahrungen und Eindrücke, die euch für euren weiteren weg weiterhelfen und formen können. Zudem habe ich meine Zeit in den USA genutzt, um Freundschaften zu schließen und am Ende des Praktikums das Land in einem Roadtrip zu erkunden. Dies hat mir viele unvergessliche Erinnerungen eingebracht. Zudem habe ich dem Praktikum zu verdanken, dass ich jetzt wieder in den USA bin und meinen Postdoc mache, da der Professor, bei dem ich das Praktikum gemacht habe, während meiner Promotion gefragt hat, ob ich einen Postdoc bei ihm machen möchte. Dies wäre ohne das Praktikum nie möglich gewesen.
Wir durften im Rahmen eines Erasmus Aufenthalts von Anfang September bis Anfang November ein Auslandspraktikum in der Arbeitsgruppe von Herrn Prof. Uwe Pischel absolvieren. Wir beide waren bereits am Ende unseres Bachelors geneigt Erfahrungen in einem fremden Land mit fremder Sprache und einem neuen Arbeitsumfeld zu sammeln. Hierbei stand für uns besonders die persönliche Entwicklung und das Sammeln neuer Erfahrungen in einer anderen Arbeitsgruppe und einem anderen Land im Mittelpunkt. Am Ende des ersten Mastersemester war es dann für uns der perfekte Zeitpunkt die Initiative zu ergreifen und neue Erfahrungen in Form eines Auslandspraktikums zu sammeln.
Vor dem Aufenthalt:
Vor unserem Aufenthalt haben wir uns im Internet über mögliche Partneruniversitäten informiert. Dabei listet die Fachgruppe Chemie eine Reihe von internationalen Fachkooperationen auf, die in Form eines Erasmus Aufenthalts möglich sind. Jede aufgelistete Partneruniversität besitzt einen Ansprechpartner, welcher über ein mögliches Interesse an einem Auslandsaufenthalt informiert werden sollte. Der Ansprechpartner sollte mindestens 4 – 5 Monate im Voraus angesprochen werden, damit genug Zeit bleibt, um die Genauigkeiten des Aufenthalts zu klären. Wenn die Partneruniversität Interesse und Kapazität hat, um Studierende der BUW aufzunehmen, kommt es meist zu einem Erstgespräch. In unserem Fall war es ein Zoom-Meeting mit Herr Mohr und Herr Pischel, wobei Herr Pischel vieles über seine Fachgruppe und aktuelle Forschung erzählt hat. Hierbei ging es auch um die Aufgaben, welche wir vor Ort übernehmen könnten und was die Ziele des zweimonatigen Aufenthalts wären. Wenn das Interesse geweckt ist, geht es dann in die Bewerbungsphase. Dabei informierten wir uns im Internet auf der Erasmus-Seite der BUW. Auch dort sind Ansprechpartner angegeben, welche man jederzeit um Hilfe bitten kann. Auf der Internetseite findet man eine Checkliste mit den Dokumenten die man Fristgerecht (meist 3 Monate vor dem Aufenthalt) an das Sekretariat abgeben muss. Wenn die Unterlagen abgegeben sind und man eine Zusage bekommen hat, sollte man eine eigene Checkliste anlegen. Diese sollte beinhalten:
- Unterkunft im Land, viele Universitäten bieten keine Wohnheime an, weshalb es manchmal schwierig sein kann eine passende Unterkunft in Universitätsnähe zu bekommen. In unserem Fall konnten wir ein AirBnb für zwei Monate mieten.
- Flugreise planen, man sollte sich früh genug um passende Flüge kümmern, damit der Start und die Abreise reibungslos stattfinden kann.
- Versicherungen, man sollte vor dem Aufenthalt eine Auslandsversicherung abschließen.
Wenn die Checkliste abgehakt ist, steht einem Aufenthalt nichts mehr im Wege.
Während des Aufenthalts:
Am Tag unserer Ankunft haben wir uns schon für die nächsten zwei Monate mit einem Busticket ausgestattet. Mit diesem konnte man innerhalb Huelvas mit jedem Bus fahren. Am ersten Tag in der Universität hat uns Herr Pischel empfangen und uns zunächst einen Einblick in das Chemiegebäude gegeben. Danach wurde uns das ganze Universitätsgelände gezeigt, um einen ersten Überblick zu bekommen. Am Vormittag des ersten Tages konnten wir uns dem Team von Herrn Pischel vorstellen. Herr Pischel hat uns zwei konkrete Ansprechpartner vorgestellt, welche uns bei unseren Projekten unterstützt haben. Am zweiten Arbeitstag durften wir eigenständig mit unserer Forschungsarbeit beginnen. Unsere Arbeitszeiten durften wir frei wählen. Dabei waren wir in der Regel von Montag bis Freitag von 9:30 – 18:30 Uhr im Labor. Am Ende des Aufenthalts kam es zu einem längeren Abschlussgespräch über die Inhalte, die wir bearbeitet hatten und was wir für Erkenntnisse sammeln konnten.
Freizeit:
In unserer Freizeit konnten wir einige schöne Dinge erleben. So hat uns die Ausgehkultur in Spanien besonders gut gefallen. Abende haben wir meist in der gut belebten Innenstadt verbracht. Restaurants und Cafés schlossen meist erst um 01:00 – 02:00 Uhr, wodurch man sehr entspannt auch nach der Arbeit noch in ein Restaurant gehen konnte. Uns wurde auch teilweise Zeit freigestellt und nach Erledigung der Tagesaufgaben konnten wir uns den restlichen Tag freinehmen, wodurch wir bei gutem Wetter zum Strand Punta Umbria konnten oder ähnliches. Auch die Nähe zu Portugal haben wir genutzt, um am Wochenende Trips zu machen, wie beispielsweise nach Lagos. Im Allgemeinen konnten wir unsere Freizeit gut genießen.
Nach dem Aufenthalt:
Nach dem Aufenthalt mussten wir einige Dokumente an das Internationale Sekretariat schicken. Eine Auflistung dieser Dokumente bekamen wir ca. eine Woche vor Abschluss unseres Praktikums. Diese konnten wir in Huelva ausdrucken und von Herrn Pischel unterzeichnen lassen. Meist reicht es in den nächsten zwei Wochen nach Wiederankunft die Dokumente abzugeben.
Finanzierung:
Der finanzielle Zuschuss durch das Erasmus-Stipendium war von großem Vorteil. Hierbei sind neben dem normalen Satz auch verschiedene Zuschüsse möglich, die man beantragen kann. Je nach Lebensstil kann das Geld die größten Kosten des Auslandaufenthaltes abdecken.
Fazit:
Eine solche Erfahrung ist jedem Studierenden nur zu empfehlen. Es hat uns sehr viel Spaß gemacht, eigenständig an Forschungsthemen zu arbeiten und diese Arbeit in einem neuen unbekannten Umfeld erbringen zu können. Wir haben viele sympathische Menschen kennenlernen dürfen und konnten viele Kontakte knüpfen. Zudem konnten wir uns in eine neue Kultur einleben und haben so viele neue Erfahrungen und Eindrücke gesammelt. Neben der Arbeit hatten wir die Möglichkeit viele Unternehmungen zu machen und konnten so auch die Umgebung bereisen.